‚Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages […] sind Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen.‘
So will es das Grundgesetz im Artikel 38, der höchsten juristischen Ordnung in der Bundesrepublik. Die Auslegung der Worte in der Realität entspricht nicht immer dem Sinn der Gesetzgebung, ganz im Gegenteil.
Anstatt, dass Gesetzesvorschläge unter allen Parteien diskutiert und individuelle Mehrheiten gefunden werden, indem jeder dem zustimmt, was er für richtig hält, bestimmen Fraktionszwang und Probeabstimmungen das politische Tagesgeschäft. Wenn einzelne Themen tatsächlich ohne Zwang abgestimmt und diskutiert werden dürfen, ist das so außergewöhnlich, dass diese Gesetze medial meist sehr stark begleitet werden. Zumeist wird dies ohnehin nur dann erlaubt, wenn innerhalb der Regierungskoalition zu stark gegenteilige Meinungen herschen. Erleben durften wir dies in den letzten Jahren ganze 2 Mal: beim Gesetz für Prädiagnostik und bei dem für Sterbehilfe.
Nachdem sich Abgeordnete der SPD in der derzeitigen Legislaturperiode im Bundestag bereits ein ums andere Mal gegen ihr eigenes Wahlprogramm und wahrscheinlich auch gegen ihre Überzeugungen wenden mussten, zeigt nun Volker Kauder seine, mindestens grundgesetzwidrige, eigene Interpretation von Demokratie. Nachdem einige Abgeordnete der CDU-Fraktion im Bundestag weiteren Verhandlungen mit Griechenland eine Absage erteilt hatten, kündigte der Fraktionsvorsitzende Konsequenzen an, die mit mindestens einem Verlust von Ausschusssitzen verbunden sein sollen. Nicht Kompetenz sondern Linientreue scheint hier das Kriterium. Im Osten der bundesdeutschen Republik kennt man solche Verfahren noch aus eigentlich längst vergangenen Zeiten.
‚Demokratie einführen‘ hatte die Piratenpartei im sächsischen Landtagswahlkampf gefordert. Daran waren eine ganze Reihe Forderungen geknüpft. Und das sollte wohl auch in Zukunft immer wieder thematisiert werden.
Mandatsträger der Piratenpartei Sachsen sind in ihrem Abstimmverhalten im Übrigen tatsächlich an keinen Zwang gebunden.
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