Freeparty is not a Crime

Am 16. September wurde ein sogenanntes „Teknival“ brutal von der Polizei geräumt. Es kam zu inakzeptabler Gewaltanwendung gegenüber friedlichen Menschen und der Beschlagnahmung von Technik. Die mediale Berichterstattung darüber war sehr einseitig und stellte die gesamte Subkultur „Tekno“ in ein schlechtes Licht. Als Reaktion darauf haben wir – die Piraten Sachsen – öffentlich dazu aufgerufen, uns Berichte und Bild-/Videomaterial der Geschehnisse zuzusenden, damit wir diese anonymisiert veröffentlichen und so einen Kontrast zur einseitigen Berichterstattung herstellen können. Im Folgenden berichten Betroffe und Besuchende der „EastTek23“ paraphrasiert oder zitiert von ihren Erfahrungen vor Ort.

„Da kommen auf einmal Haufen Cops an, alle in Vollmontur mit Pfefferspray und Helmen und stellen sich einschüchternd auf. Einige sind mit einem Schlauchschal vermummt, die die es nicht sind, gucken mindestens genau so böse und du checkst erstmal garnicht, was überhaupt abgeht.“

Gegen 10:30 Uhr rückte die Polizei am Samstag morgen an und hat sich als Mauer hinter den Anlagen formatiert. Zügig geriet die Situation immer mehr außer Kontrolle, es wurden die ersten Menschen geschubst oder mit Pfefferspray zurückgedrängt. Spätestens hier wurde klar, dass die Polizei nicht wirklich an friedlicher Konfliktbeilegung interessiert ist.

„Du musst dir das mal vorstellen, da gehen die Cops einfach zu den Generatoren und versuchen dort Kabel mit 63 Ampere rauszufetzen…das kann tödlich enden. Selbst das THW kam an und hat gesagt: Leute, macht das mal bitte nicht.“ Selbige Person erzählte, dass sich jüngere Polizist·innen deutlich aggressiver verhalten hätten. „Man hat das richtig gemerkt, die älteren Cops waren teilweise nicht so krass auf Krawall ausgerichtet, denen war das richtig unangenehm. Ich hab mit einem gesprochen und du hast richtig in den Augen gesehen, dass der sich unwohl fühlt und nicht cool findet, was da gerade abgeht.“ Andere Besuchende haben einem Gespräch zugehört, wo einer der „Aufsichts“-Polizisten gesagt haben soll, dass er aktuell handlungsunfähig ist und sich für das Verhalten seiner Kolleg·innen entschuldigt. Was hierbei besonders erschreckend ist: Nicht einmal die höherrangigen Polizist·innen haben anscheinend hier in ihrem hierarchischen System noch etwas zu sagen und können die Konfliktfreudigkeit der Beamt·innen nicht unterbinden. Die Einsatzleiter hatten laut Berichten der Besuchenden kein Konzept für ihren Einsatz und konnten keinen richterlichen Beschluss für die Räumung der Veranstaltung oder Beschlagnahmung der Technik vorlegen. Die Besitzenden der Technik versuchten, diese zu verteidigen, indem sie den Beamt·innen erklärten, was diese hier gerade technisch zerstören oder sich auf ihre Technik setzten. So entstand auch das virale Video von einem Polizist, der mit seinem Kollegen auf einen 3 Meter hohen Stromgenerator kletterte, die dort sitzende Person gewaltsam versuchte herunterzuziehen, dabei aber selbst zu Fall gekommen ist und sich laut Medienberichten schwer verletzte. Die Schuld trifft hier – entgegen der öffentlichen Darstellung – keineswegs den Teknival-Besucher.

Um auch hier den Kontrast herzustellen: Einem Mensch wurde mit dem Schlagstock der Arm gebrochen, einer anderen Person durch unbekannte Zustände ein Bein. Viele weitere beklagen grundlose Schläge, teils auch ins Gesicht, unbegründeten Einsatz von Pfefferspray und das Hin- und herschubsen. All das kann selbst mit der positiviertesten Interpretation der Geschehnisse keineswegs das mildeste Mittel sein, um Konflikte zu lösen – es handelt sich schlichtweg um pure Aggression.

Das bewusst provozierende Verhalten der Polizei zeigte sich auch im Nachgang, als ein jüngerer Polizist, der anscheinend selbst anwesend war, mit seinem privaten TikTok-Account unter Videos der Veranstaltung kommentierte: „Mmh komisch. wir hatten euch auch 30 min Kulanz gegeben. Wenn man aber von den ganzen druffis angegriffen wird, dann darf man sich auch verteidigen *Kuss-Emoji*“ Dass sich die Personen hier nur gegen die polizeiliche Aggression verteidigten, scheint er gekonnt zu ignorieren. Anhand dieser Äußerungen wird deutlich, mit welchem Weltbild große Teile der Polizei auf die Menschen in der Tekno-Szene herabschauen. Von dem Wille, Konflikte friedlich und aus neutraler Perspektive zu klären, kann hier längst nicht mehr die Rede sein. Das scheint jedoch keineswegs eine jüngste Entwicklung zu sein, wie langjährige Partygänger·innen es empfinden: „Ich fahre jetzt mittlerweile schon seit fast 2 Jahrzenten auf Teknopartys und ich muss sagen, dass die Polizei und auch der Staat immer aggressiver gegen diese Subkultur vorgeht. Nicht nur in Deutschland sondern auch europaweit.“

Die Subkultur „Tekno“ wird seit Jahren abwertend betrachtet und an den Rand der Gesellschaft gedrängt. Viele denken, dass die „Tekno-Freaks“ nur Randale machen, ihren Müll nicht aufräumen, alles verwüsten und ihren Mitmenschen auf den Nerv gehen wollen. Diese Personen wissen leider nicht, dass Tekno für viele nicht nur ein Hobby, sondern eine Leidenschaft und ein ganzer Lebensstil ist. Gerade deshalb geht es vielen sehr nahe, wenn so einseitig und schlecht über sie berichtet wird: „Hier werden gerade die Erungenschaften und das bisschen Toleranz, was die letzten Jahre erarbeitet wurde, in den Dreck gelatscht. Hier werden wortwörtlich Lebenswerke zerstört und Tatsachen verdreht. Wir, und da kann ich wohl für die Szene oder zumindest für die sprechen, die am Wochenende vor Ort waren. Wir fühlen uns hilfos. Wir sehen was alles nicht rechtmäßig gelaufen ist, können aber irgendwo nicht so richtig angreifen. Größtenteils aus finanziellen Gründen. Prozesse kann sich keiner leisten, auch in betracht der Strafen, die auf uns jetzt zukommen. Wir wünschen uns sehr, das unsere angeblich gewaltvolle Art und das aktive Angreifen von Polizisten richtig gestellt wird. Wir wollen keine Gewalt. Wir wollen friedlich und im Einklang mit dem Umfeld, einfach unsere Leidenschaft leben können und als riesige Familie wunderschöne Wochenende miteinander verbringen. Im besten Falle ohne danach tausende, oder sogar zehntausende Euro Strafe finanzieren zu müssen. Wir brauchen dringend Aufmerksamkeit darauf, das wir eben nicht die „Schläger“ sind, wie wir dargestellt werden. Wir machen auch keine Randale, wir machen alles wieder sauber und versuchen ohne Schäden, unsere Leidenschaft auszuleben.“ Tekno ist friedlich und hat rein garnichts mit Randale, Unordnung oder Krawall zu tun. Gerade in Zeiten wie diesen ist Kultur ein bindendes Glied in unserer Gesellschaft – so auch die Subkultur Tekno. Wir werden uns weiter dafür einsetzen, dass Tekno akzeptiert und respektiert wird. Das Freiräume geschaffen und das nicht-kommerzielle Tanzveranstaltungen legalisiert werden.
#RaveOn #FreePartyIsNotACrime