Unser Kommentar zu den gestrigen Bürgermeister- und Landratswahlen in Sachsen
von Michael Bauschke, Vorsitzender der Piratenpartei Sachsen
Gestern fanden in 223 Gemeinden in Sachsen Bürgermeister- und Landratswahlen statt. Ein sehr wichtiger Termin, schließlich wurden Volksvertreter für 7 Jahre gewählt. Diese haben zudem einen sehr großen Einfluss auf das Leben der Menschen in der jeweiligen Region. Weiterhin ist die Gewichtung der eigenen Stimme bei kommunalen Wahlen von Bürgermeistern und Landräten sehr viel höher als bei Bundestags- oder Europawahlen. Eigentlich ein großer Ansporn für die Menschen zur Wahl zu gehen und auch für die Medien über den Wahlkampf zu berichten – soweit die Theorie.
In der Praxis sieht das ein wenig anders aus: Während die Medien an der ein oder anderen Stelle noch gerne über die Bürgermeisterwahlen berichten, ist von den Landratswahlen nur selten etwas zu lesen. Umfragen gibt es so gut wie keine, auch Wahlduelle und Vergleiche von thematischen Inhalten finden in der Medienlandschaft nur selten statt. Einige Kandidaten, aber auch Amtsinhaber, machen sich nicht einmal die Mühe ein eigenes Wahlprogramm zu erstellen – so gering wird das Interesse von Menschen und Medien eingeschätzt.
Bei allen Landratswahlen lag die Wahlbeteiligung daher auch bei unter 45%, in einigen Landkreisen noch deutlich niedriger. Ohne die Bürgermeisterwahlen in vielen Ort wäre sie sicher flächendeckend unter die 30% Marke gerutscht.
In Nordsachsen haben den neuen Landrat noch ganze 17,6% der Wahlberechtigten am Ende wirklich gewählt.[1] In Weißwasser sind überhaupt nur 19,6% der Menschen zur Wahl gegangen. [2] Auch in größeren Städten sieht es oft nicht viel besser aus: In Görlitz und Riesa gaben noch knapp 23% der Menschen ihre Stimme ab. [3] [4]
Das immer stärker schwindende Interesse am politischen Geschehen ist beängstigend. Studien aus dem Jahr 2007 zeigen, dass auf privaten Sendern der Anteil der Berichterstattung über Politik nur bei knapp 20 Prozent lag. Es ist davon auszugehen, dass dieser weiter gesunken ist. Um lokal und kommunalpolitisch auf dem Laufenden zu bleiben bedarf es zumeist sehr großem Aufwand, da Informationen nur schwer verfügbar und nicht leicht zu finden sind – von politischer Bildung in der Schule gar nicht zu reden. Der aus DDR-Zeiten scheinbar verbrannte Begriff sorgt dafür, dass der Themenbereich in der Schule so gut wie gar nicht auftaucht. Kaum ein Schulabgänger weiß nach 9,10 oder 12 Klassen, was ein Landrat ist und was ein Kreistag so macht.
Diese Wahl sollte ein Denkzettel für uns alle sein. Niemand hat gestern wirklich gewonnen, auch die mediale Freude über die „hohe“ Wahlbeteiligung in Dresden von knapp 51% ist gemessen an der Wichtigkeit des Amtes ein schlechter Witz. Politik muss für die Menschen wieder ein greifbarer Begriff werden, ein Thema über das man abends am Stammtisch wieder spricht. Denn eins ist klar: Nichts beeinflusst unser Leben so stark und so oft, wie politische Entscheidungen.
Die Wahlbeteiligung ist in der Tat beschämend. Jedoch ist eure Ursachenforschung ziemlich halbherzig. Am Stammtisch sollte wieder Politik „besprochen“ werden? Soll ich lachen oder weinen? Wer ist denn im Herbst vergangenen Jahres, auch von euch, massenhaft und auf unverschämte Art und Weise diffamiert worden? Ihr habt großen Teile dieser Gesellschaft Rechtsradikales Gedankengut unterstellt und nun wollt ihr Diskussionen am Stammtisch? Da wo oft wilde Polemik betrieben wird? Ressentiments feilgeboten werden? Dort wollt ihr Disksussionen die dann wo bzw. wie enden sollen?
Ihr Piraten in Sachsen seid ein wesentlicher Teil des Problems dieser Wahlmüdigkeit! In eurer Analyse steht doch sogar, dass Schulabgänger nicht viel politisches Wissen besitzen. Was habt ihr im Herbst des vergangenen Jahres gemacht?! Statt politische Alternative anzubieten … ihr kennt den Ausgang selbst. Ihr habt Rechten Nationalisten das Feld überlassen. Herzlichen Dank!
Und nun, denkt selbst!
Hallo, wie und wo grade wir rechten Nationalisten das Feld überlassen haben, kann ich nicht ganz nachvollziehen. Wenn ich die Presse richtige interpretiere, feiern diese Nationalisten z.B. den neuen und alten Landrat in Meißen oder unterstützen in Dresden offziell den „unabhängigen“ Kandidaten der FDP/CDU.
Diskussionen an Stammtischen müssen nicht zwangsläufig bei polemisierenden Themen enden, die von dir angesprochene Ressentiments haben eben genau NICHTS mit Politik zu tun, sondern berufen vielmehr auf die selben polemisierenden Ressentiments in divers schlecht recherchierten „Zeitungen“.
Für die Ursachenforschung reicht ein Blogbeitrag natürlich überhaupt nicht aus, da gebe ich dir recht. Die Gründe sind sicher vielfältig und wissenschaftlich auch nur selten untersucht. Die Piratenpartei als „wensentlichen“ Teil des Problems zu beschreiben halte ich für eine sehr einfache Antwort auf eine sehr komplizierte Frage. Über Anregungen freuen wir uns sehr, wen wir im Herbst aber massenhaft und unverschämt diffarmiert haben sollen, kann ich an dieser Stelle nicht nachvollziehen.