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Der Fall Maja – Wenn die Exekutive einfach Tatsachen schafft

Es wird ein Pappschild gehalten. Darauf steht: "Free Maja".

Vor einigen Tagen gab es einen Vorfall, der viele Fragen offen lässt: Stellt sich die Exekutive in Sachsen über die Gewaltenteilung? Wird mit zweierlei Maß gemessen, ob Menschen wegen vermeintlich rechter oder linker Straftaten angeklagt werden? Und wieso arbeiten sächsische Behörden mit Autokratien zusammen?

Doch fassen wir erst einmal zusammen, was genau passiert ist:

Das Berliner Kammergericht hat am Nachmittag des 27.06.2024 entschieden, dass Maja nach Ungarn ausgeliefert werden soll. Der Vorwurf: Maja hätte zum Tag der Ehre 2023 Neonazis mit Schlagstöcken angegriffen und sei seit 2017 Mitglied einer linksextremen Vereinigung. Anschuldigungen, die eine bis zu 24 Jahre lange Haftstrafe für Maja in Ungarn bedeuten könnten, ein Strafmaß, welches in Deutschland in Anbetracht der Vorwürfe undenkbar wäre.

Ohne, dass der Anwalt oder Majas Familie darüber informiert wurden, wurde Maja am 28.06.2024 gegen 04:00 Uhr oder 03:30 Uhr, da unterscheiden sich die Quellen etwas, in einer Nacht- und Nebelaktion aus der Zelle geholt und nach Österreich gebracht, von wo aus der Weitertransport nach Ungarn erfolgte. Laut Interviews noch vom Tag der Auslieferung haben die Angehörigen erst aus der Presse von der Auslieferung erfahren. Mit dieser Hauruck-Aktion wurde durch die Generalstaatsanwaltschaft Berlin, das LKA Sachsen und insbesondere die Soko LinX ganz bewusst das Ziel verfolgt, Majas Recht auf eine Verfassungsbeschwerde und damit die Chance auf eine Verhinderung der Auslieferung zu umgehen. Das Tragische ist, dass durch die Schnelle der Auslieferung auch ein rechtliches Eingreifen verhindert wurde. Denn am Vormittag des 28.06.2024 um 10:50 Uhr hat das Bundesverfassungsgericht auf einen Eilantrag von Majas Anwälten hin eine einstweilige Anordnung erlassen, dass die Auslieferung gestoppt werden müsse, bis die von Majas Anwälten einzureichende Verfassungsbeschwerde geprüft worden ist. Maja wurde wohl aber schon um 10:00 Uhr den ungarischen Behörden übergeben. Die Anordnung kam also etwa eine Stunde zu spät: In Anbetracht der Abläufe fällt es schwer nicht davon auszugehen, dass hier einfach Tatsachsen geschaffen werden sollten.

Es ist unfassbar, dass Maja so schnell wie möglich und mit Umgehung des Bundesverfassungsgerichts nach Ungarn gebracht wurde. Denn es ist mit einem politischen Schauprozess zu rechnen und dass an Maja ein Exempel statuiert werden soll. Als nicht-binäre Person in einem queerfeindlichen Land mit einem autoritären rechten Regime, hat Maja das Schlimmste im Gefängnis zu erwarten.

Ein junger Mensch, dessen Familie nun seit Tagen in Ungarn ist und vergeblich versucht, Informationen über Majas Zustand zu erhalten und wie es mit ihrem Kind weiter geht, wurde obwohl es eine einstweilige Anordnung des Bundesverfassungsgericht gab, diesen Menschen nicht auszuliefern, einfach nach Ungarn gebracht, in ein Land, dem bereits 2022 vom EU-Parlament der Demokratiestatus abgesprochen wurde.

Wir dürfen die Geschehnisse nicht auf sich beruhen lassen. Die Gewaltenteilung darf nicht einfach ausgehebelt werden, je nachdem, wie es der Exekutive gerade in den Kram passt. Maja verdient einen fairen Prozess in Deutschland.

Weiterführende Informationen:
https://a-dresden.org/2024/06/28/beitrag-zur-auslieferung-majas-nach-ungarn/
https://basc.news/
https://www.bundesverfassungsgericht.de/
https://kontrapolis.info/13431/
https://taz.de/!6020359/
https://www.tagesschau.de/kommentar/auslieferung-ungarn-100.html?at_medium=mastodon&at_campaign=tagesschau.de
https://www.basc.news/tag-der-ehre-in-budapest/