Spätestens seit dem vorzeitigen Ende der Ampel-Regierung war uns wohl allen klar: Einige Ziele aus dem Koalitionsvertrag werden nicht mehr umgesetzt.
Vor drei Jahren, als die Ampel noch voller Tatendrang und Friedrich Merz nur irgendein unangenehmer Oppositionspolitiker war, haben wir uns den Koalitionsvertrag von SPD, FDP und Grüne mit der „feministischen Brille“ näher angesehen und drei Punkte daraus genau unter die Lupe genommen. Jetzt ist es Zeit, Bilanz zu ziehen, was die ehemalige Bundesregierung von ihren feministischen Plänen wirklich umgesetzt hat.
Legalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen
Der Koalitionsvertrag hat uns nicht viel beim Thema Schwangerschaftsabbrüche versprochen und tatsächlich haben wir kaum gesetzliche Neuerungen erhalten.
Im Vertrag hieß es, dass der § 219a StGB, der das sogenannte „Werbeverbot“ für Schwangerschaftsabbrüche geregelt hatte, abgeschafft werden sollte. Zudem sollten die Regelungen zu Schwangerschaftsabbrüchen endlich aus dem Strafgesetzbuch fliegen und gesondert festgeschrieben werden.
Zitat:
„Wir setzen eine Kommission [zu…] Regulierungen für den Schwangerschaftsabbruch außerhalb des Strafgesetzbuches […ein.]“
Dieser Schritt wäre wichtig gewesen, um endlich die Stigmatisierung von Schwangerschaftsabbrüchen als „Verbrechen“, welche im Strafgesetzbuch geregelt werden, hinter uns zu lassen. Da der § 218 StGB, die Hauptnorm im Strafgesetzbuch zu Schwangerschaftsabbrüchen, im damaligen Koalitionsvertrag allerdings nicht einmal namentlich genannt wurde, waren bereits 2022 unsere Bedenken groß, wie ernsthaft die Pläne für eine Neuregelung der Rechtslage wirklich waren.
Leider mussten wir dann auch bis zur letzten Sitzung des alten Bundestages zittern, ob über eine Reform der Regelungen von Schwangerschaftsabbrüchen und damit das Ende des § 218 StGB abgestimmt werden würde, doch leider ist das Thema den Machtspielchen im vorgezogenen Wahlkampf zum Opfer gefallen und kam nicht mehr auf die Tagesordnung.
Ein Beschluss zu einer endgültigen Neuregelung hätte die Krönung der Arbeit der Ampelkoalition beim Thema Schwangerschaftsabbrüche sein können. Denn einige Versprechen haben sie gehalten. So wurde bereits 2022 der umkämpfte Strafrechtsparagraf § 219a StGB abgeschafft und somit das Ende des „Werbeverbots“ für Abtreibungen eingeläutet. Darüber hinaus wurde 2024 ein neues Gesetz verabschiedet, wodurch Schwangere zukünftig vor Abtreibungsgegner*innen und sogenannten „Gehsteigbelästigungen“ besser geschützt werden und zukünftig Schutzzonen vor Beratungsstellen und Arztpraxen eingerichtet werden sollen. Eine Nichteinhaltung dieser Sperrzonen soll zukünftig auch Geldstrafen von bis zu 5.000 Euro nach sich ziehen. Auch die versprochene Kommission zum Thema Schwangerschaftsabbrüche wurde eingesetzt. Das Ergebnis der Kommission: Schwangerschaftsabbrüche sollen in der frühen Phase legalisiert und somit straffrei sein.
Doch trotz der Empfehlung der Fachkommission zur Neuregelung und Legalisierung, ein Gesetzesentwurf ließ auf sich warten. Da hat es leider auch nicht geholfen, dass Abgeordnete von SPD, Grünen und Linken selbst tätig wurden und eine Initiative anstießen und auch neben den Politiker*innen viele zivilgesellschaftliche Akteur*innen auf die Bundesregierung Druck gemacht haben.
Am Ende hat die FDP-Bundestagsfraktion, auch gegen die Forderungen der eigenen Jugendorganisation, das Thema bis zum Schluss hinausgezögert.
Die frauenpolitische Sprecherin der FDP-Fraktion, Nicole Bauer, betont im Interview mit tagesschau.de: „Für mich ist es wichtig, dass wir jetzt keinen Schnellschuss wagen, uns ausreichend Zeit nehmen.“
Die Umsetzung eines jahrzehntelang geführten Kampfes für eine Legalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen, gegen die Stigmatisierung von notwendiger medizinischer Versorgung und für körperliche Selbstbestimmung, als Schnellschuss zu bezeichnen, ist wiederum ein ziemlicher Schuss in den Ofen.
Fest steht, dass nicht einmal die klare Empfehlung einer Fachkommission die letzte Regierung, die aus verhältnismäßig progressiven Parteien bestand, diese dazu bringen konnte, endlich das Thema Schwangerschaftsabbrüche aus dem Strafgesetzbuch zu streichen.
Patchwork-Familien und Verantwortungsgemeinschaften
So viele Reformen wurden uns von der Ampel-Regierung beim Sorge- und Umgangsrecht versprochen. Sie alle wären auch bitter nötig gewesen, denn die aktuell geltenden Regelungen haben wenig mit der Lebensrealität vieler Familien zu tun. Egal ob, Alleinerziehende, Patchwork- oder Regenbogenfamilie, viele Familien sind mehr als „Mutter, Vater, Kind“.
Besonders viel haben wir uns von der Ausweitung des sogenannten „kleinen Sorgerechts“ versprochen, welches zum eigenen Rechtsinstitut weiter entwickelt werden sollte und auf bis zu zwei weitere Erwachsene (also insgesamt bis zu vier Personen) ausgeweitet werden sollte. Diese Neuregelung ist nicht eingetreten und auch weiterhin dürfen die Ehepartner*innen von alleinig sorgeberechtigten Eltern lediglich in Alltagssituationen Entscheidungen treffen.
Doch neben den leider nicht umgesetzten neuen Regelungen für das Sorgerecht gab es auch Pläne, das konservative Familienkonzept ganz aufzubrechen und mit der sogenannten Verantwortungsgemeinschaft neue Wege zu gehen. Denn je nach Lebenssituation können auch nahe Verwandte wie Großeltern oder enge Freund*innen der Familie die wichtigsten Bezugspersonen für ein Kind sein, sich zwei alleinerziehende Elternteile zusammentun und sich bei der Kindererziehung unterstützen oder auch polyamoröse Familien einen rechtlichen Rahmen für ihr Zusammenleben suchen.
Auch wenn der ehemalige Justizminister Marco Buschmann bereits sein Eckpunktepapier für die Verantwortungsgemeinschaft 2024 vorgestellt hat, so kam es doch nicht mehr zu einer Umsetzung.
Den Grund fasst das Bundesjustizministerium für uns kurz und trocken zusammen:
„Die Gesetzentwürfe für die familienrechtlichen Reformen (Unterhaltsrecht, Kindschaftsrecht und Abstammungsrecht) werden in dieser Legislaturperiode im Zuge der vorzeitigen Beendigung der Regierungskoalition nicht weiterverfolgt. Der Reformbedarf besteht allerdings weiterhin.“
Abschaffung Transsexuellengesetz
Aber immerhin, endlich wurde das Transsexuellengesetz abgeschafft! Am 12. April 2024 beschloss der Bundestag das Selbstbestimmungsgesetz (SBGG), welches das Transsexuellengesetz mit Wirkung vom 1. November 2024 ablöste und die Änderung des Geschlechtseintrags nun vereinfacht.
Doch auch wenn das SBGG eine deutliche Verbesserung darstellt, so gibt es daran viel berechtigte Kritik.
So enthält das Gesetz weiterhin zahlreiche diskriminierende Darstellungen und Regelungen. Es scheint so, als wäre die Kritik von trans*, intergeschlechtlichen und nicht-binären Personen sowie zahlreichen Verbänden kaum in das Gesetzgebungsverfahren mit eingeflossen.
Beispielsweise ist es unter dem SBGG nicht mehr möglich, den Geschlechtseintrag und den Vornamen unabhängig voneinander zu ändern, allein den Vornamen zu ändern oder den Vornamen nach der Anpassung des Geschlechtseintrages beizubehalten. Dies war unter den alten Regelungen noch möglich und es gibt keine hinreichende Begründung, warum diese Einschränkung der geschlechtlichen Selbstbestimmung jetzt mit dem SGBB eingeführt wurde. Diese Überregulierung passt nicht zu den tatsächlichen Bedürfnissen vieler queerer Menschen. Auch gibt es einige Defizite bei den Regelungen für Minderjährige. So können Personen ab 14 Jahren die Erklärung zu einer Änderung ihrer Angaben vor dem Standesamt nur mit Zustimmung ihrer gesetzlichen Vertreter*innen abgeben. Zwar kann im Falle, dass diese nicht zustimmen, die Einwilligung auch von einem Familiengericht ersetzt werden, aber diese Regelung stellt eine viel zu hohe Hürde für die Minderjährigen dar, um in den meisten Fällen überhaupt in Betracht gezogen zu werden. Außerdem werden so minderjährige trans, intergeschlechtliche und nicht-binäre Personen, die keine Unterstützung durch ihre Sorgeberechtigten haben, allein gelassen und es würde wiederum auf die Einschätzung der Sorgeberechtigten oder gerichtlich bestellten Sachverständigen ankommen und nicht auf die Selbstauskunft der Jugendlichen.
Die Liste der Kritikpunkte am SGBB sprengt leider den Rahmen dieses Blogbeitrages, aber fest steht, dieses neue Gesetz hätte ein sehr großer Schritt für die Selbstbestimmung vieler sein können, aber da es an den tatsächlichen Interessen der Menschen, die vom Gesetz betroffen sind, vorbeigeschrieben wurde, ist es leider nur ein teilweiser Fortschritt und es wurden sogar neue diskriminierende Regelungen zementiert.
Fazit
So lässt sich also feststellen, dass trotz der vielen großen Pläne die Regierungszeit der Ampel aus feministischer Sicht eine Zeit der vertanen Chancen ist. Viele der Pläne wurden nicht, mangelhaft oder nicht vollständig umgesetzt.
Doch so ernüchternd das Fazit zur letzten Bundesregierung ist, eine neue Regierung unter Friedrich Merz, wie sie auch aussehen mag, wird vermutlich nicht nur wenig Verbesserungen, sondern einige Rückschritte bedeuten. Er hat noch im Wahlkampf angekündigt, viele der neuen Errungenschaften der Ampel-Regierung wieder rückgängig machen zu wollen. Nur die Zeit wird zeigen, was er wirklich umsetzen wird.
Doch gerade mit einem möglicherweise baldigen Bundeskanzler Merz bleibt der feministische Kampf wichtig. Gerade jetzt, bei einem immer spürbareren Rechtsruck, bei immer mehr sozialer Kälte müssen wir uns zusammentun, um für unsere Rechte einzustehen. Zusammen, intersektionell und queerfeministisch. Alerta!
Spätestens seit dem vorzeitigen Ende der Ampel-Regierung war uns wohl allen klar: Einige Ziele aus dem Koalitionsvertrag werden nicht mehr umgesetzt.
Vor drei Jahren, als die Ampel noch voller Tatendrang und Friedrich Merz nur irgendein unangenehmer Oppositionspolitiker war, haben wir uns den Koalitionsvertrag von SPD, FDP und Grüne mit der „feministischen Brille“ näher angesehen und drei Punkte daraus genau unter die Lupe genommen. Jetzt ist es Zeit, Bilanz zu ziehen, was die ehemalige Bundesregierung von ihren feministischen Plänen wirklich umgesetzt hat.
Legalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen
Der Koalitionsvertrag hat uns nicht viel beim Thema Schwangerschaftsabbrüche versprochen und tatsächlich haben wir kaum gesetzliche Neuerungen erhalten.
Im Vertrag hieß es, dass der § 219a StGB, der das sogenannte „Werbeverbot“ für Schwangerschaftsabbrüche geregelt hatte, abgeschafft werden sollte. Zudem sollten die Regelungen zu Schwangerschaftsabbrüchen endlich aus dem Strafgesetzbuch fliegen und gesondert festgeschrieben werden.
Zitat:
„Wir setzen eine Kommission [zu…] Regulierungen für den Schwangerschaftsabbruch außerhalb des Strafgesetzbuches […ein.]“
Dieser Schritt wäre wichtig gewesen, um endlich die Stigmatisierung von Schwangerschaftsabbrüchen als „Verbrechen“, welche im Strafgesetzbuch geregelt werden, hinter uns zu lassen. Da der § 218 StGB, die Hauptnorm im Strafgesetzbuch zu Schwangerschaftsabbrüchen, im damaligen Koalitionsvertrag allerdings nicht einmal namentlich genannt wurde, waren bereits 2022 unsere Bedenken groß, wie ernsthaft die Pläne für eine Neuregelung der Rechtslage wirklich waren.
Leider mussten wir dann auch bis zur letzten Sitzung des alten Bundestages zittern, ob über eine Reform der Regelungen von Schwangerschaftsabbrüchen und damit das Ende des § 218 StGB abgestimmt werden würde, doch leider ist das Thema den Machtspielchen im vorgezogenen Wahlkampf zum Opfer gefallen und kam nicht mehr auf die Tagesordnung.
Ein Beschluss zu einer endgültigen Neuregelung hätte die Krönung der Arbeit der Ampelkoalition beim Thema Schwangerschaftsabbrüche sein können. Denn einige Versprechen haben sie gehalten. So wurde bereits 2022 der umkämpfte Strafrechtsparagraf § 219a StGB abgeschafft und somit das Ende des „Werbeverbots“ für Abtreibungen eingeläutet. Darüber hinaus wurde 2024 ein neues Gesetz verabschiedet, wodurch Schwangere zukünftig vor Abtreibungsgegner*innen und sogenannten „Gehsteigbelästigungen“ besser geschützt werden und zukünftig Schutzzonen vor Beratungsstellen und Arztpraxen eingerichtet werden sollen. Eine Nichteinhaltung dieser Sperrzonen soll zukünftig auch Geldstrafen von bis zu 5.000 Euro nach sich ziehen. Auch die versprochene Kommission zum Thema Schwangerschaftsabbrüche wurde eingesetzt. Das Ergebnis der Kommission: Schwangerschaftsabbrüche sollen in der frühen Phase legalisiert und somit straffrei sein.
Doch trotz der Empfehlung der Fachkommission zur Neuregelung und Legalisierung, ein Gesetzesentwurf ließ auf sich warten. Da hat es leider auch nicht geholfen, dass Abgeordnete von SPD, Grünen und Linken selbst tätig wurden und eine Initiative anstießen und auch neben den Politiker*innen viele zivilgesellschaftliche Akteur*innen auf die Bundesregierung Druck gemacht haben.
Am Ende hat die FDP-Bundestagsfraktion, auch gegen die Forderungen der eigenen Jugendorganisation, das Thema bis zum Schluss hinausgezögert.
Die frauenpolitische Sprecherin der FDP-Fraktion, Nicole Bauer, betont im Interview mit tagesschau.de: „Für mich ist es wichtig, dass wir jetzt keinen Schnellschuss wagen, uns ausreichend Zeit nehmen.“
Die Umsetzung eines jahrzehntelang geführten Kampfes für eine Legalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen, gegen die Stigmatisierung von notwendiger medizinischer Versorgung und für körperliche Selbstbestimmung, als Schnellschuss zu bezeichnen, ist wiederum ein ziemlicher Schuss in den Ofen.
Fest steht, dass nicht einmal die klare Empfehlung einer Fachkommission die letzte Regierung, die aus verhältnismäßig progressiven Parteien bestand, diese dazu bringen konnte, endlich das Thema Schwangerschaftsabbrüche aus dem Strafgesetzbuch zu streichen.
Patchwork-Familien und Verantwortungsgemeinschaften
So viele Reformen wurden uns von der Ampel-Regierung beim Sorge- und Umgangsrecht versprochen. Sie alle wären auch bitter nötig gewesen, denn die aktuell geltenden Regelungen haben wenig mit der Lebensrealität vieler Familien zu tun. Egal ob, Alleinerziehende, Patchwork- oder Regenbogenfamilie, viele Familien sind mehr als „Mutter, Vater, Kind“.
Besonders viel haben wir uns von der Ausweitung des sogenannten „kleinen Sorgerechts“ versprochen, welches zum eigenen Rechtsinstitut weiter entwickelt werden sollte und auf bis zu zwei weitere Erwachsene (also insgesamt bis zu vier Personen) ausgeweitet werden sollte. Diese Neuregelung ist nicht eingetreten und auch weiterhin dürfen die Ehepartner*innen von alleinig sorgeberechtigten Eltern lediglich in Alltagssituationen Entscheidungen treffen.
Doch neben den leider nicht umgesetzten neuen Regelungen für das Sorgerecht gab es auch Pläne, das konservative Familienkonzept ganz aufzubrechen und mit der sogenannten Verantwortungsgemeinschaft neue Wege zu gehen. Denn je nach Lebenssituation können auch nahe Verwandte wie Großeltern oder enge Freund*innen der Familie die wichtigsten Bezugspersonen für ein Kind sein, sich zwei alleinerziehende Elternteile zusammentun und sich bei der Kindererziehung unterstützen oder auch polyamoröse Familien einen rechtlichen Rahmen für ihr Zusammenleben suchen.
Auch wenn der ehemalige Justizminister Marco Buschmann bereits sein Eckpunktepapier für die Verantwortungsgemeinschaft 2024 vorgestellt hat, so kam es doch nicht mehr zu einer Umsetzung.
Den Grund fasst das Bundesjustizministerium für uns kurz und trocken zusammen:
„Die Gesetzentwürfe für die familienrechtlichen Reformen (Unterhaltsrecht, Kindschaftsrecht und Abstammungsrecht) werden in dieser Legislaturperiode im Zuge der vorzeitigen Beendigung der Regierungskoalition nicht weiterverfolgt. Der Reformbedarf besteht allerdings weiterhin.“
Abschaffung Transsexuellengesetz
Aber immerhin, endlich wurde das Transsexuellengesetz abgeschafft! Am 12. April 2024 beschloss der Bundestag das Selbstbestimmungsgesetz (SBGG), welches das Transsexuellengesetz mit Wirkung vom 1. November 2024 ablöste und die Änderung des Geschlechtseintrags nun vereinfacht.
Doch auch wenn das SBGG eine deutliche Verbesserung darstellt, so gibt es daran viel berechtigte Kritik.
So enthält das Gesetz weiterhin zahlreiche diskriminierende Darstellungen und Regelungen. Es scheint so, als wäre die Kritik von trans*, intergeschlechtlichen und nicht-binären Personen sowie zahlreichen Verbänden kaum in das Gesetzgebungsverfahren mit eingeflossen.
Beispielsweise ist es unter dem SBGG nicht mehr möglich, den Geschlechtseintrag und den Vornamen unabhängig voneinander zu ändern, allein den Vornamen zu ändern oder den Vornamen nach der Anpassung des Geschlechtseintrages beizubehalten. Dies war unter den alten Regelungen noch möglich und es gibt keine hinreichende Begründung, warum diese Einschränkung der geschlechtlichen Selbstbestimmung jetzt mit dem SGBB eingeführt wurde. Diese Überregulierung passt nicht zu den tatsächlichen Bedürfnissen vieler queerer Menschen. Auch gibt es einige Defizite bei den Regelungen für Minderjährige. So können Personen ab 14 Jahren die Erklärung zu einer Änderung ihrer Angaben vor dem Standesamt nur mit Zustimmung ihrer gesetzlichen Vertreter*innen abgeben. Zwar kann im Falle, dass diese nicht zustimmen, die Einwilligung auch von einem Familiengericht ersetzt werden, aber diese Regelung stellt eine viel zu hohe Hürde für die Minderjährigen dar, um in den meisten Fällen überhaupt in Betracht gezogen zu werden. Außerdem werden so minderjährige trans, intergeschlechtliche und nicht-binäre Personen, die keine Unterstützung durch ihre Sorgeberechtigten haben, allein gelassen und es würde wiederum auf die Einschätzung der Sorgeberechtigten oder gerichtlich bestellten Sachverständigen ankommen und nicht auf die Selbstauskunft der Jugendlichen.
Die Liste der Kritikpunkte am SGBB sprengt leider den Rahmen dieses Blogbeitrages, aber fest steht, dieses neue Gesetz hätte ein sehr großer Schritt für die Selbstbestimmung vieler sein können, aber da es an den tatsächlichen Interessen der Menschen, die vom Gesetz betroffen sind, vorbeigeschrieben wurde, ist es leider nur ein teilweiser Fortschritt und es wurden sogar neue diskriminierende Regelungen zementiert.
Fazit
So lässt sich also feststellen, dass trotz der vielen großen Pläne die Regierungszeit der Ampel aus feministischer Sicht eine Zeit der vertanen Chancen ist. Viele der Pläne wurden nicht, mangelhaft oder nicht vollständig umgesetzt.
Doch so ernüchternd das Fazit zur letzten Bundesregierung ist, eine neue Regierung unter Friedrich Merz, wie sie auch aussehen mag, wird vermutlich nicht nur wenig Verbesserungen, sondern einige Rückschritte bedeuten. Er hat noch im Wahlkampf angekündigt, viele der neuen Errungenschaften der Ampel-Regierung wieder rückgängig machen zu wollen. Nur die Zeit wird zeigen, was er wirklich umsetzen wird.
Doch gerade mit einem möglicherweise baldigen Bundeskanzler Merz bleibt der feministische Kampf wichtig. Gerade jetzt, bei einem immer spürbareren Rechtsruck, bei immer mehr sozialer Kälte müssen wir uns zusammentun, um für unsere Rechte einzustehen. Zusammen, intersektionell und queerfeministisch. Alerta!